Jammerl's Zeichen
Panama ist das letzte Land unserer Nord- und Mittelamerikareise.
Einige Kilometer südlich des Panamakanals enden alle Strassen in einem Sumpfgebiet. Es gibt keine Möglichkeit mit Fahrzeugen nach Südamerika zu gelangen. Es ist daher notwendig, auf ein (teueres) Schiff auszuweichen.
Panama ist ein modernes und sicheres Land. Bekannt ist es vor allem wegen des Kanals, der Atlantik und Pazifik verbindet. Wir planen von hier aus unser Fahrzeug nach Kolumbien zu verschiffen.
Die Ausreise aus Costa Rica bei Sixaola bereitet keine Probleme, doch wie gelangen wir über die umfunktionierte Eisenbahnbrücke nach Panama?
Zunächst müssen wir den Gegenverkehr abwarten und fahren dann vorsichtig über die auf den Schienen verlegten Holzbohlen. Polternd wie eine Eisenbahnlokomotive gelangen wir auf die andere Seite des Flusses und stoppen am kleinen Grenzhäuschen. Ein Beamter wirft einen flüchtigen Blick in unsere Wohnkabine um zu sehen, welches Fahrzeug er eigentlich vor sich hat. Zur Abwicklung der Formalitäten parken wir auf einem etwas entfernten Parkplatz, da wir sonst die einspurige Strasse blockieren. Rasch fertigen uns die freundlichen Beamten ab und heißen uns in Panama willkommen.
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Grenzübergang Costa Rica nach Panama
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Panamericana auf der Pazifkseite
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Bei stark bewölkten Himmel mit gelegentlichen Schauern fahren wir durch eine hügelige Landschaft. Die Dörfer bestehen häufig aus palmgedeckten Pfahlhäusern. Viehweiden und Bananenplantagen wechseln sich mit Regenwald ab. Wir wechseln von der Pazifik- zur Atlantikseite und genießen für kurze Zeit das kühlere Bergklima.
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Vor genau einem Jahr sind wir Kanada gelandet, um dort unsere Reise zu beginnen. Diesen Jubiläumstag wollen wir an der Playa Santa Clara mit einer Flasche Rotwein feiern.
Zu Jammerl sprechen wir:
"Wenn Du ein Problem hast, dann zeig es bitte jetzt und nicht erst nach der Verschiffung nach Kolumbien".
Am Abend dieses Tages tropft aus der Achsdichtung Öl. Wir sind beide nicht abergläubisch, aber es scheint fast so, als würde Jammerl auf unsere Frage antworten. Dies erinnert uns auch an die seit einiger Zeit lauter werdenden Geräusche. Die Stimmung an unserem Jahrestag ist sehr gedämpft und erstmals diskutieren wir ernsthaft darüber, die Reise abzubrechen.
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Öl tropft aus der Hinterachse
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Bis Panama City
haben wir nur ein kurzes Stück zu fahren. Auf der "Bridge of America" überblicken wir den Panamakanal, im Hintergrund ragt die beeindruckende Skyline von Downtown auf. Beim Balboa Yachtclub finden wir einen kostenlosen Stellplatz mit WC, Dusche und Internet direkt am Kanal. Trotz unserer Sorgen genießen wir abends die Stimmung in der Freiluftbar des Yachtclubs.
Eine Band spielt Rockklassiker. Blitze zucken aus einer dunklen Wolke, auf dem Kanal zieht langsam ein Containerschiff vorbei. Wenn die Musik Pause macht, hören wir die Segler von ihren Erlebnissen erzählen.
Die Ereignisse überschlagen sich
Wir sind in einer kleinen Werkstatt in Panama City. Gespannt schauen wir auf den Ölstrahl, den der Mechaniker aus dem Achsgetriebe ablässt.
Wenn mit unserer Achse etwas nicht stimmt, so müssten wir jetzt auf Metallspäne stoßen. Der Mechaniker betrachtet den Magneten der Ablassschraube: "Da hängt viel Metallabrieb dran, sie haben ein Problem!" Beinahe sind wir erleichtert über diese Diagnose, denn jetzt haben wir endlich Gewissheit, dass wir uns die Geräusche nicht nur eingebildet haben. Diese Achse ist der Schwachpunkt unseres Allrad - LT. Sie kann ohne Spezialwerkzeuge und entsprechende Erfahrung nicht korrekt eingestellt werden. Selbst in Deutschland besitzen nur wenige Werkstätten das erforderliche Know-how und in Amerika ist unser VW-Modell völlig unbekannt.
Schweren Herzens ringen wir uns zu folgender Entscheidung durch:
Wir wollen nicht mit der ständigen Angst eines kapitalen Achsschadens reisen. Über 30.000 km Strecke durch teils abgelegene Gebiete erwarten uns in Südamerika. Wenn wir dort eine größere Panne haben, wird dies sehr teuer oder gar gefährlich. Ein unbeschwertes Reisen wäre so nicht mehr möglich. Wir haben Nord- und Mittelamerika bis ans Ende der Strassen durchquert. Ort und Zeit, die Reise zu unterbrechen sind günstig. Statt nach Südamerika werden wir nach Deutschland verschiffen und dort die notwendigen Reparaturen durchführen. Mit frischer Kraft werden wir zurückkehren, um unbeschwert den für uns neuen Kontinent zu entdecken.
Noch am Tag unserer Entscheidung, die Reise zu unterbrechen, organisieren wir den Rücktransport. Die freundliche Evelyn Batista aus der Agentur Barwil bereitet die Papiere für eine Verschiffung nach Bremerhaven vor. Schon in vier Tagen sollen wir unser Fahrzeug im Hafen von Colon abgeben! Abends buchen wir im Internet unsere Flüge nach München. Kaum zu glauben, aber in acht Tagen werden wir zuhause sein.
Um alle Dokumente für die Ausreise zu bekommen, gilt es einige bürokratische Hürden zu überwinden. Allein für die Polizei- und Zolldokumente müssen wir beinahe einen Tag in tristen Büros verbringen. Dann überreicht uns Evelyn die "Bill of Lading", das Frachtpapier für unsere Verschiffung.
Im Gegenzug blättern wir den vereinbarten Preis bar auf den Tisch. |
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Buchung der Rückverschiffung bei der Agentur Barwil
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"Ihr könnt einen Tag vorher nach Colon anreisen und dort im sicheren Hafen übernachten. Ich habe euch hierfür eine Genehmigung besorgt." Der Service von Evelyn ist wirklich erstklassig, wir können die Agentur Barwil
nur empfehlen.
An unserem letzten Abend im Balboa Yachtclub bekommen wir Gesellschaft von drei europäischen Wohnmobilen, die von bzw. nach Südamerika verschiffen. Es sind zwei französische Familien mit Kindern sowie ein deutsches Ehepaar. Zusammen sitzen wir in der Bar des Yachtclubs und jeder erzählt von seinen Reiseerlebnissen.
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Treffpunkt Balboa Yachtclub
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Mit dem Taxi fahren wir ins Hotel "Roma" im Herzen von Panama City und geben dort unsere Rucksäcke mit dem Fluggepäck sowie die Wertgegenstände ab. Bei der Ankunft in Colon wollen wir nichts Wertvolles dabei haben, denn diese Hafenstadt gilt als eine der gefährlichsten Mittelamerikas.
Jammerls letzte Fahrt in Mittelamerika führt entlang des Panamakanals.
Wir stoppen bei den "Miraflores Locks". Diese Schleuse ist touristisch voll erschlossen, auf den Beobachtungsplattformen haben wir einen guten Überblick. Bei unserer Ankunft werden gerade zwei große Schiffe mehrere Meter hoch angehoben. Anschließend setzen sie ihre Fahrt Richtung Atlantik fort. Insgesamt sind drei Schleusen erforderlich, um den Höhenunterschied zwischen Atlantik und Pazifik auszugleichen.
Immer mehr schwer beladenen LKW`s deuten darauf hin, dass wir uns Colon
nähern. Im Hafen fragen wir beim Wachpersonal, wo wir denn übernachten können. Das scheint nicht so einfach zu sein, die Männer halten mit ihren Funkgeräten Rücksprache. Nach einer Weile erscheint die Chefin der Fahrzeugverschiffung persönlich und wirft einen Blick auf unsere Frachtpapiere. „Wir erwarten in der nächsten Zeit kein Schiff mit dem Namen ´Texas´. Ein Übernachten im Hafen ist auch nicht möglich, sie müssen wieder fahren.“ Uns fällt das Kinn herunter, wir sind sprachlos.
Es ist zu spät, um Evelyn in der Schiffsagentur anzurufen, völlig verunsichert begeben wir uns auf die Suche nach einem Übernachtungsplatz außerhalb des Hafens. Wir fragen einen Fernfahrer, wo man hier sicher stehen kann.
Seinem Rat folgend, fahren wir zu einer nahegelegenen Tankstelle. Dort dürfen wir hinter dem Gebäude parken. Trotz Hitze, Lärm und Verschiffungssorgen gelingt es uns ein wenig zu schlafen.
Kurz nach sieben Uhr morgens sind wir zurück Hafen und telefonieren gleich mit der Chefin. "Vielleicht kommt ihr Schiff doch, erledigt auf alle Fälle schon mal die Zollformalitäten." So ein blöde Kuh! Ein weiterer Anruf bei Barwil sorgt für unsere endgültige Beruhigung:
„Das Schiff kommt sicher termingerecht an!“
Überraschend schnell erledigen wir die Formalitäten. Ein Hafenmitarbeiter steigt ins Fahrzeug und fährt mit uns zur Verladestelle. Bevor der Hafenarbeiter Jammerl in eine Parkreihe fährt, wird es noch von einem aufgeregten Drogenspürhund beschnüffelt.
Nach einer Stunde ist alles erledigt. |
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Jammerl im Hafen von Colon
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Heimreise
Mit dem Bus fahren wir zurück nach Panama City
und beziehen dort das Hotel. Bis zu unserem Abflug bleiben uns ein paar Tage Zeit, die Stadt zu besichtigen.
Ein Spaziergang in den Stadtteil Casco Viejo:
Die modernen Wolkenkratzer liegen hinter uns, wir erreichen den Fischmarkt. Pelikane warten, auf Dächern sitzend, auf ihre Chance. Sie sind immer bereit, einem unachtsamen Verkäufer Fische zu klauen. Der Markt geht in ein einfaches Wohngebiet über. Einige zwielichtige Gestalten hängen hier rum, so dass wir lieber auf der belebten Hauptstrasse bleiben. Nur ein paar Häuserblocks weiter ändert sich die Szenerie erneut. Aufwendig renovierte Kirchen, Herrenhäuser und stilvolle Hotels bestimmen hier, im historischen Zentrum, das Bild. Die Renovierer befinden sich in einem Wettlauf mit der Zeit, denn die feuchtheiße Tropenluft lässt den Putz schnell bröckeln.
Auf manchen Gebäuden wachsen schon wieder Urwaldbäume.
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Von unserem Hotel aus ist es nicht weit zu den verspiegelten Fassaden der Wolkenkratzer. Versicherungen und Banken haben da ihre Zentralen. Die Gegend strahlt einen modernen, internationalen Flair aus. Große Einkaufzentren laden zum Bummeln ein. Doch bevor wir nach Europa zurückkehren, zieht es uns noch einmal in den Regenwald.
Den finden wir auf einem Hügel mitten in Panama City. Im Metropolitano Nationalpark vermischen sich die Stimmen der Vögel mit dem Verkehrslärm unten aus der Stadt. Ein bisschen wehmütig blicken wir auf einen roten Strauch mit den vielen Schmetterlingen, während sich über uns ein Flugzeug im Landeanflug befindet.
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Urwald mitten in der Stadt
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Flughafen in Miami
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Die Luft ist klar, als unsere Maschine vom internationalen Flughafen in Panama City abhebt. Doch schon bald muss der Pilot einem Gewitter ausweichen. Miami, Paris, München. Wir sind wieder zu Hause!
Bis unser Jammerl mit dem Schiff in Bremerhaven ankommt werden wir bei meinen Eltern in Landshut wohnen. Danach leben wir irgendwo in Deutschland oder Europa in unserem gewohnten Heim. Höchstwahrscheinlich werden wir unsere Kabine auf einen anderen LKW montieren. Mit etwas Glück kann schon Anfang September der zweite Teil unserer Mankei-Tour beginnen.
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