Zurück  Nach oben


Mankei Tour - Westpatagonien - Mittelchile

06. Januar 2007 - 10. Februar 2007

Ein Gletscher kalbt

Die Nadel auf unserer Benzinuhr bewegt sich rasant nach unten. Obwohl ich Vollgas fahre, hat unser Benito Mühe 80 km/h schnell zu fahren. Schuld daran ist der patagonische Wind, der uns heute voll von vorne trifft. Auf dem Weg in Richtung Andengebirge fahren wir seit Rio Gallegos in nordwestlicher Richtung durch flache Pampaslandschaft. Unmerklich geht's bergauf und wir sehen auf 800 m Höhe den den Lago Argentinio unter uns liegen. Eine grandiose Landschaft mit hohen Bergen!

Touristenort Calafate Ein hochhausgroßes Stück bricht aus der Wand

Der Ort Calafate, den es ihn ohne Tourismus gar nicht geben würde, gefällt uns nicht. Der Fremdenverkehr aber boomt, weil es von hier nicht weit zum Gletscher Perito Moreno ist. Dieser Gletscher ist Teil des riesigen Inlandseisfelds, einem Gebiet so groß wie Hessen. Man kann direkt zu ihm hinfahren und ihn von mehreren Beobachtungsplattformen beobachten. Jeder der hierher kommt, hofft Zeuge eines gigantischen Naturspektakels zu werden: In unregelmäßigen Abständen "kalbt" der Gletscher, es brechen dann hochhausgroße Eisbrocken ab, die in den See stürzen. Voller Hoffnung betreten auch wir die Beobachtungsplattform und warten. Zunächst passiert nichts, doch auch so beeindruckt diese zackig geformte Eismasse. An manchen Stellen, besonders dort wo Sonnenstrahlen das Eis treffen, schimmert es blau. Wir sehen Reisegruppen kommen und gehen. Doch lediglich einmal brechen in weiter Entfernung ein paar Brocken ab. So langsam wird es uns zu kalt und wir beschließen unser Glück am folgenden Tag nochmals zu versuchen.

Mit neuer Kraft kehren wir zurück und richten unsere Kameras auf eine Eiswand, die uns "verdächtig" vorkommt. Dann beginnt es zu krachen, einige kleine Stücke brechen und unter ohrenbetäubendem Getöse stürzt die ganze Wand in den See. Meterhoch schwappen die Wellen. Ja, das war's! Fast möchte man Beifall klatschen.

Am Campingplatz des Lago Roca schlagen wir ein gemeinsames Camp mit zwei Toyotafahrern auf. Nach vielen Jahren in Afrika reisen sie nun seit einiger Zeit durch Südamerika. Wir verbringen einen netten Abend zusammen am Lagerfeuer. Natürlich kommt auch heute wieder das Gespräch auf die unterschiedlichen Fahrzeugkonzepte. Für die fast siebzigjährigen Individualisten käme eine Wohn- bzw. Expeditionsmobil nie in Frage. Sie lieben ihr kleines Fahrzeug und bevorzugen das Leben draußen.
 "Vor vielen Jahren, als wir in der Sahara mal einen schweren Sandsturm hatten, ließen wir uns breitschlagen und gingen in die Wohnkabine eines Unimog. Doch dort haben wir uns so unwohl gefühlt, dass wir seitdem nie wieder bei anderen drin gesessen sind." 

Lago Roca

In der kalten Luft fröstelt es sie doch in wenig. Oder war es nur der Gedanke an die Unimogkabine?

Der Tankwart in Calafate begrüßt mich mit Handschlag. "Für eine kleine Propina (Trinkgeld) kann ich dir den Diesel aus der Zapfsäule mit den Preisen für Argentinier geben". Wie berichtet, verlangen die Tankstellen in den Touristenorten doppelte Preise für Fahrzeuge mit ausländischen Kennzeichen. Die Vorstellungen des Tankwarts über die Höhe des Trinkgelds scheinen mir etwas überzogen zu sein (30 Pesos). Deshalb versuchen wir es an der zweiten Tankstelle des Orts. Doch der Tankwart dort ist nicht bestechlich, deshalb kehren wir reumütig zurück und zahlen die geforderte Summe. Wer hat sich nur diese Regelung ausgedacht?

Nun brauchen wir ein wenig Glück. An etwa 300 Tagen im Jahr versteckt sich das Fitz Roy Massiv hinter Wolken . Die bis zu 3400 m Gipfel sind dann nicht zu sehen. Auch bei unserer Ankunft am Campingplatz in El Chalten blicken wir nur auf eine Wolkenwand. Am Abend positionieren die Campinggäste aufgeregt ihre Kameras, denn gerade geben die Wolken den Gipfel des Fitz Roy frei. Noch nichts vom klaren Wetter der nächsten Tage ahnend, fotografiere auch ich begeistert. Am folgenden Morgen und auch während der nächsten drei Tage haben wir herrlichstes, meist wolkenloses Wetter. Auf unseren Wanderungen legen wir viele Kilometer zurück und kommen den zackigen Gipfeln des Fitz Roy Massivs recht nahe. Wir haben wirklich mehr als nur ein wenig Glück! Aber die Natur will nicht, dass man sie uneingeschränkt genießen kann. Wohl deshalb hat sie uns an diesen warmen Sommertagen die großen Pferdebremsen geschickt.

AmerikaArgentinien2007.01.13.06.04052.jpg AmerikaArgentinien2007.01.19.15.42037.jpg AmerikaArgentinien2007.01.14.13.02046.jpg AmerikaArgentinien2007.01.19.15.45041.jpg AmerikaArgentinien2007.01.15.12.30035.jpg

Abenteuer Routa 40?

Die Routa 40 durchzieht Argentinien von Nord nach Süd. Der Befahrung des unteren, unbefestigten Teils gilt als eine der großen "Herausforderungen". Diesen Eindruck vermitteln zumindest viele der Berichte sowie die Prospekte der Tourveranstalter. Von "Freiräumen für Abenteurer" wird geschwärmt. 

Wir sind gespannt! Zunächst ist die Strasse geteert und wie üblich fahren wir durch karges, eingezäuntes Farmland.
Bei Tres Lagos endet der Asphalt und endlich auch die Stacheldrahtzäune. Trotz einiger tiefer Spurrillen ist die Strasse gut zu befahren. Dass wir im Falle einer Panne stundenlang auf Hilfe warten müssen, ist höchst unwahrscheinlich, denn überraschend viele Fahrzeuge kommen uns entgegen. Manche reduzieren ihre Geschwindigkeit kaum, dann wartet man förmlich auf den Steinschlag in der Windschutzscheibe. Doch alles geht gut. Schon nach wenigen Kilometern passieren wir eine Großbaustelle mit vielen LKWs. Hier wird die Asphaltierung der Strasse vorbereitet. Als erstes  werden schon mal die Stacheldrahtzäune gezogen!

Schotterpiste Routa 40

Vielleicht ist ja das Abenteuer ein wenig abseits der Hauptroute zu finden? Wir fahren eine Stichstrasse bis zum Nationalpark Perito Moreno. Auf die Frage, ob denn viele Leute im Park sind verneint der Ranger: "Kaum jemand kommt hierher. Der Park ist zu abgelegen und das Wetter immer schlecht." Wir campen neben der Rangerstation und steigen am folgenden Tag bei Sonnenschein auf den Cerro Leon, den "Berg des Löwen". Schon am Sattel haben wir einen herrlichen Blick auf unnatürlich türkisfarbene Seen. Das Blau der Seen wirkt so übersättigt, so als hätte man bei der Bildbearbeitung maßlos übertrieben.  Je höher wir steigen, desto stürmischer wird es. Wenn uns eine Böe voll trifft, so wirft sie uns beinahe um. Es ist ein Kampf gegen den Orkan, die Steigung ist fast nebensächlich. Das Atmen fällt schwer, wir gehen geduckt, die Augen tränen. Oben am Gipfel finden wir hinter einem Steinhaufen etwas Deckung.

Orkan am Cerro Leon Komet Ausweichmanöver

Müde von der Tour schlafe ich tief, als jemand ans Wohnmobil klopft. Das Klopfen war kein Traum, denn Silvia öffnet das Fenster und ich höre die Stimme der Rangers: „Entschuldigung, dass wir euch wecken, aber ein riesiger Komet ist am Himmel.“ Ich blicke aus dem Fenster. So etwas habe ich noch nicht gesehen! In der ungewöhnlich klaren Nacht zieht ein gewaltiger, heller Stern einen Schweif hinter sich her. Der Komet verschwindet hinter den Bergen, doch der Schweif bleibt noch lange zu sehen. (Weiß jemand um welchen Kometen es sich handelt?)

AmerikaArgentinien2007.01.17.17.56034.jpg AmerikaArgentinien2007.01.18.10.17003.jpg AmerikaArgentinien2007.01.18.12.19041.jpg AmerikaArgentinien2007.01.18.12.47056.jpg AmerikaArgentinien2007.01.19.12.43025.jpg

Silvia und ich sind uns einig: Hier in dieser Einsamkeit ist noch genügend "Raum für Abenteuer".
Die Berge am Horizont sind klein geworden, als wir wieder die Routa 40 erreichen und unsere Reise nördlich fortsetzen. Es kommt uns ein kleines Fahrzeug mit hohem Alkoven entgegen. Sind das Sabine und Michael, ( www.auf-abwegen.de ) die Fotografen?  Tatsächlich! „Das wird aber wieder mal Zeit euch zu begegnen!“ begrüßt uns Michael. Wir parken die Fahrzeuge am Straßenrand, trinken Kaffee und erzählen in aller Kürze die wichtigsten Reiseerlebnisse. Seit unserem letzten Treffen im Herbst 2005 in den USA ist ja so viel passiert!
Kurz darauf kommt uns ein weiteres deutsches Fahrzeug entgegen, Rita und Freddy, die über Afrika nach Südamerika gekommen sind.

Begegnungen: www.auf-abwegen.de www.reckfilm.de

Zum Lago Buenos Aires kann man über eine kleine Strasse gelangen, die beim Passo Roballos abzweigt.  Mehrfach wurde uns diese Strecke von anderen Reisenden empfohlen. Auch uns gefällt diese gebirgige Route, mit den bizarren rötlichen Felsformationen, sehr gut. Auf 1400 m wirkt alles hochalpin. Dort können wir mehrere Andenkondore beobachten, die soeben ihre Mahlzeit an einem Schafkadaver beendet haben.

Der Lago Buenos Aires schafft ein Mikroklima. Hier ist es viel milder als anderswo und dank Bewässerung gedeihen sogar Obst und Gemüse. Nach vielen Tagen ohne Versorgungsmöglichkeit können wir in Los Antiguos unsere Vorräte ergänzen. Wir kaufen ein Kilo süßer Kirschen. Endlich wieder was Frisches! Faul liegen wir an diesem schwülwarmen Sommertag im Liegestuhl, bis gegen Abend ein kräftiges Gewitter niedergeht. Doch selbst der Platzregen schafft es nicht, die dicke Staubschicht von Benito vollständig abzuwaschen.

Carretera Austral

Wir verlassen Argentinien ohne voll getankt zu haben, denn Diesel ist wieder einmal aus. "In einer halben Stunde - mehr oder weniger - gibt's wieder Sprit" meint der Tankwart. Diese Aussage kennen wir, das kann alles bedeuten. Problemlos, fast schon routiniert, erledigen wir die Einreiseformalitäten nach Chile. Die Strasse entlang des Lago General Carrera (so heißt der Lago Buenos Aires in Chile) ist zunächst sehr „wellblechig“. Viele LKWs befahren die Strecke, da es einige Goldminen gibt. Dann sind wir überrascht wie gut die Strecke ist. Der Ausblick ist immer wieder überwältigend. Viele Steigungen und Kurven bringen uns allmählich in eine andere Klimazone. Satte Wiesen und dichte Wälder werden immer häufiger. Schließlich haben wir die Carretera Austral erreicht. Diese Straße wurde vom Militär gebaut, um die einsame Gegend im Süden Chiles zu erschließen.

Die heilige Difunta soll nie wieder verdursten!

Die Carretera ist über weite Teile nicht asphaltiert und auch ihr haftet ein Hauch von Abenteuer an. Doch erneut leidet die wilde Schönheit dieser Landschaft  unter den ewigen Weidezäunen. Diese behindern unser Freiheitsgefühl einfach massiv. Trotzdem, nach so viel karger Landschaft freuen wir uns an üppigen Blumenwiesen, hohen Bäumen und den riesigen Blättern der Nalca Pflanze. Berge, Flüsse und Seen bilden die passende Kulisse dazu. 1991 brach hier der Vulkan Hudson aus und hat bis in die argentinische Pampas große Schäden angerichtet. Wir passieren einige Gebiete, an denen die Asche zentimeterdick liegt. An einer Stelle ist sogar ein ganzer Wald abgestorben. Besonders spannend: Der Vulkan soll kurz vor einem erneuten Ausbruch stehen.

Lago General Carrera Cerro Castillo Folklore

Nach den Erfahrungen auf der Routa 40 sind wir nicht allzu sehr überrascht, dass uns viele Fahrzeuge begegnen. Vor allem die Chauffeure einiger Kleinbusse zeigen eine sehr aggressive Fahrweise. Beim Entgegenkommen setzen sie den linken Blinker und weichen erst im letzten Moment aus. Doch Dank der Größe unseres Fahrzeugs bleiben wir eher gelassen.

Herrliche Wiesen mit blauen Lupinen, üppige Weiden und hölzerne Bauerngehöfte. Die Gegend auf dem Weg nach Coihaique lässt Erinnerungen an abgelegenen Alpenregionen wach werden. Viel Sonnenschein taucht alles in plastisches Licht. An einem versteckten, sehr großzügigen Campingplatz treffen wir unsere Freunde Gudrun und Volker. Seit vielen Wochen will es der Zufall immer wieder, dass wir uns begegnen. Der Hund "Mäxle" begrüßt uns erfreut, er kennt uns ja mittlerweile. Spontan veranstalten wir eine kleine Grillfeier. Während sich die Frauen um die Beilagen kümmern, entzünden Volker und ich ein Feuer in der kleinen Schutzhütte. Trotz des Rauchs ist es hier ausgesprochen gemütlich, die Steaks gelingen delikat. Ein netter Abend!

Volker entzündet das Feuer

Auf einer guten, recht belebten Teerstrasse fahren wir nach Puerto Aisen. Gemächlich bummeln wir durch diesen verschlafenen Ort. So müssen die Geschäfte vor 50 Jahren in Deutschland ausgesehen haben! Die Gemischtwarenhändler bieten von der Axt bis zu kitschigen Heiligenbildern so ziemlich alles an. Neugierige Blicke verfolgen uns, denn Touristen mit der Fotokamera fallen hier noch auf.

Bummel durch das beschauliche Puerto Aisen

Die Carretera führt uns weiter nördlich. Dieser Landstrich ist durch Brandrodung entstanden. Quer über die Weiden liegen verkohlte, nun vermodernde Baumstämme. Nur wenig später wird es zunehmend abenteuerlich: Im Nationalpark Queulat windet sich eine schmale Schotterstrasse über steile Pässe. Unser Fahrzeug streift an den überdimensionalen Blättern der Nalca Pflanze. Nebel und Nieselregen lassen die hohen Bambusstauden tropfen. Hier ist es beinahe wie in den tropischen Regenwälder Mittelamerikas. Doch die nahen Eisfelder verdeutlichen, dass wir uns in einer völlig anderen Klimaregion befinden. Inmitten dieser Urlandschaft unternehmen wir eine schöne Wanderung zu einem hängenden Gletscher. Hohe Farne, Bambus, Moose. An manchen Stellen ist es matschig, wir müssen um Bäche balancieren. Oben beeindruckt besonders der Wasserfall, der sich mindestens hundert Meter in die Tiefe stürzt.

AmerikaChile2007.01.29.14.22009.jpg AmerikaChile2007.01.29.17.43035.jpg AmerikaChile2007.01.30.11.58025.jpg AmerikaChile2007.01.30.12.22035.jpg AmerikaChile2007.01.30.13.23055.jpg

Unser Laptop scheint schlapp zu machen. Seit fast 2 Jahren ist er im harten, täglichen Einsatz, doch heute bleibt der Bildschirm dunkel. Erst nach mehreren Versuchen nimmt er flackernd seine Arbeit auf. Auf ihn zu verzichten würde eine große Einschränkung bedeuten. Wir schreiben Tagebuch, schneiden die Filme, archivieren unsere Fotos. Er dient uns als kostengünstiges Telefon und hilft uns bei der Navigation. Auf der Festplatte sind viele Stunden Musik, Hörspiele und wichtige Reiseinformationen gespeichert. Mit ihm können wir kabellos im Internet surfen und unsere Emails lesen. Auch die Gestaltung dieser Webseite wäre ohne seine Hilfe kaum möglich. Hoffentlich hält er noch eine Weile durch!

Pumalin - "Ort, wo der Puma wohnt"

Die letzten Tage sind wir viele Kilometer nördlich gefahren. Die Tage werden immer kürzer. Der Breitengrad entspricht dem von Südfrankreich, doch es ist wesentlich kühler.
In St. Barbara übernachten wir an einem Sandstrand mit üppiger Vegetation im Hinterland. Beim Kaffeetrinken im Freien beobachten wir eine Gruppe Delfine bei ihrer Jagd in den kühlen Gewässern des Pazifik. Es ist herrlich, doch beide sind wir von einer unerklärlichen Unruhe erfasst, die am nächsten Morgen zu einem Streit führt.

Strand von St. Barbara Riesige Alercen im Park Pumalin. Manche sind 3000 Jahre alt

Der Park Pumalin ist das größte private Naturschutzgebiet der Welt. Er gehört dem Amerikaner Douglas Tomkins, dem ehemaligen Besitzer der Modefirma "Esprit". Inzwischen wurde das Gebiet als Nationalpark anerkannt und wir hatten uns lange darauf gefreut, in den dichten Urwäldern zu wandern. Doch obwohl herrlichstes, warmes Wetter herrscht, haben wir heute wenig Sinn für die Naturschönheiten. Zu sehr sind die Gedanken noch auf den Streit von heute morgen fixiert. Außerdem ist da immer noch diese Nervosität und Unruhe.

In Chaiten ist uns ein Plakat aufgefallen, das für ein Rodeo wirbt. Das wäre doch mal etwas! Wir erkundigen uns nach dem Ort der Veranstaltung und fahren zu einer kleinen Arena am Ortsrand. Die wenigen Besucher haben ihre Fahrzeuge direkt vor dem Eingang geparkt. Wir stellen uns einfach dazu. Es riecht nach Pferden und Rindern, einige Hunde kläffen. Nach der Bezahlung eines kleinen Eintrittspreises betreten wir die Holztribüne, auf der noch reichlich Platz ist. Zwei Reiter in bunter Gauchotracht  treiben ein Kalb durch die Arena. Für besondere Leistungen erhalten sie von einem Schiedsrichter Punkte. Dann sind die nächsten dran. Auch wenn wir nicht ganz verstehen worum es geht, diese völlig untouristische Veranstaltung gefällt uns sehr gut. Schon wegen der Atmosphäre, die die stolzen Reiter und Pferde ausstrahlen.

AmerikaChile2007.02.03.12.03023.jpg AmerikaChile2007.02.03.12.33029.jpg AmerikaChile2007.02.03.12.44037.jpg AmerikaChile2007.02.03.12.54044.jpg AmerikaChile2007.02.03.13.13051.jpg

Dunkle Wolken

Im kleinen Hafen von Caleta Conzalo schwimmen ein paar Seelöwen. Delfine begleiten uns, als das Boot den Hafen in Richtung Hornopiren verlässt. Wir reisen erster Klasse, denn während der fünfstündigen Fährfahrt können wir im Wohnmobil sitzen und sehen aus dem Fenster die Küste vorbeiziehen. Den kleinen Ort Hornopiren verlassen wir nach einem Internetbesuch auf der sehr holprigen Ruta 7. Bei den Thermen von Pichicolo dürfen wir Nachts auf dem Gelände stehen. Ein kleiner Pfad führt zu einem naturbelassenen Bach, in dem warmes Wasser fliest. Nur wenige Leute sind hier und wir entspannen stundenlang in den unterschiedlich heißen Becken. Sogar unsere Unruhe können wir hier vergessen.

Die kleine, wenig befahrene Schotterstrasse verläuft meist direkt am Ufer des Fjords Esturia del Reloncavi. Die Sonne will heute nicht so recht rauskommen, die Berge hängen in Wolken.

Das Wassertemperatur der Termen beträgt 37°

Wir fahren durch ärmlich wirkende Bauern- und Fischerdörfer. Rinder, Schafe und Schweine laufen frei auf der Strasse. Viele Leute hier leben  von den großen Lachsfarmen im Meer. Auf geteerter Strasse (welch ein Gefühl!) fahren wir weiter zum Lago Llanquihue, wo uns ungewöhnlich viele Touristen auffallen. Da wir monatelang in einsamen Gegenden unterwegs waren, wirkt diese Begegnung mit der Zivilisation fast traumatisch. Hier ist es wie an einem der oberbayerischen Seen. Klar, jetzt ist Hauptferienzeit, das hätten wir wissen müssen!

Wir flüchten in den Nationalpark, doch auch hier wimmelt es nur so von Ausflugsbussen. Dabei ist der 2650 m hohe Vulkan Osorno heute in Wolken gehüllt. Die wenig spektakulären Wasserfälle von Petrohue besichtigen wir früh am Morgen, da ist noch wenig los. Auch der Vulkan ist nun zu sehen, doch ganz geben die Wolken seinen Gipfel doch nicht frei.

Es beginnt zu regnen, als wir uns Puerto Varas nähern und an der Mole einen geeigneten Stellplatz finden. Bei einem Rundgang durch das nette Städtchen fallen uns die vielen deutschsprachigen Schilder auf. „Kaffee Hausmann“ oder „Wäscherei Schnee“. Diese Namen zeugen davon, dass dieses Gebiet ursprünglich mal eine deutsche Kolonie war.

Vulkan Osorno

An unserem Platz haben wir überraschend eine drahtlose Internetverbindung. Wegen dieser guten Gelegenheit ruft Silvia bei ihren Eltern an. Ihr Vater ist am Telefon, ich kann am Lautsprecher mithören:
"Deine Mutter liegt mit einem Oberschenkelhalsbruch im Krankenhaus. Sie wird morgen operiert, es geht ihr nicht gut. Sie ist schon länger immer schwindelig und in der Wohnung gestürzt.."
Diese Nachricht trifft uns wie ein Schock. Es ist die Sorge um das Wohlergehen meiner Schwiegermutter. Außerdem ist sofort klar, dass Silvia möglichst schnell nach Hause fliegen muss.
Die Nacht ist unruhig, doch heute wissen wir warum. Eine Band spielt laut bis spät in den Abend, immer wieder wird neben uns gefeiert. Vor allem aber rauben uns die Gedanken an den bevorstehenden Reiseabbruch den Schlaf. Gleich am nächsten Morgen buchen wir Silvias Heimflug. Es bleiben uns drei volle Tage, um zum Flughafen nach Santiago de Chile zu fahren.

Auf der Autobahn in Puerto Mont ist es vorbei mit dem Bummeltempo, denn wir müssen über tausend Kilometer weit nördlich fahren. Die Strasse ist vierspurig und in perfektem Zustand. Fast könnte man glauben sich auf einer deutschen Autobahn zu befinden, wären da nicht Radfahrer und Traktoren auf der Fahrbahn. Auch die Busse halten auf Zuruf am Straßenrand.  Das chilenische und argentinische Seengebiet, in dem wir eigentlich mehrere Wochen bleiben wollten, lassen wir rechts liegen. Nur einmal verlassen wir die die Autobahn und fahren zum Lago Panguipulli. Hier haben wir einen schönen Blick auf den Vulkan Villa Rica. In einem kleinen Touristenort campen wir am Strandparkplatz.  An diesem warmen Sommertag genießen die Familien mit Kindern ihre Ferien. Unsere Stimmung passt so gar nicht zum fröhlichen Badebetrieb.
Schon bald sind wir wieder auf der Panamericana. Je weiter nördlich wir kommen, desto sonniger und heißer wird es. Die Weizenfelder sind meist schon abgeerntet. Wir telefonieren mit Silvias Mutter im Krankenhaus, der es den Umständen entsprechend gut geht. Vielleicht kann sogar die Operation vermieden werden.

Vulkan Villa Rica Chilenische Autobahn Wasserfälle Las Lachas

Bei den Wasserfällen von Las Lajas ist viel Betrieb. Trotzdem finden wir einen herrlichen Stellplatz direkt an den Fällen. Auf der Autobahn sind wir so gut vorangekommen, dass wir hier einen "freien Tag" einlegen können. Es bleibt uns viel Zeit nachzudenken, wie es weitergehen soll. Doch wir kommen zu keinem Ergebnis. Es bleibt unklar ob, wann und wie diese Reise fortgesetzt werden kann. Mit Wein zelebrieren wir unseren bevorstehenden Abschied, denn morgen wollen wir - wenig romantisch - am Stadtrand von Santiago an einer Tankstelle übernachten.

Die Weinanbaugebiete mussten wir leider unbeachtet rechts und links liegen lassen, wir fahren auf der Umgehungsautobahn zum internationalen Flughafen von Santiago. Nur noch wenige Stunden, dann bin ich alleine.