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Mankei Tour - Bolivien

29. April 2007 - 17. Mai 2007

Wildnis im Altiplano

Schon das kleine Grenzhäuschen, mit den frierenden Beamten, lässt erahnen, dass wir nun eine andere Welt betreten. Bolivien zählt zu den ärmsten Ländern Lateinamerikas. Flächenmäßig ist es etwa drei Mal so groß wie Deutschland, hat aber nur acht Millionen Einwohner.

Unser Bolivienabenteuer beginnt an der Laguna Verde in der Einsamkeit des Altiplano (einer ausgedehnten Ebene meist über 4000m). Als die Sonne untergeht, verliert der See langsam seine türkise Farbe. Doch jetzt beginnen die umliegenden Berge in rötlichen Farben zu leuchten. Auf weit über 4000m Höhe ist es absolut still, nur das leise Simmern des Zwiebelrostbratens im Backofen ist zu hören. Dies ist wieder einer dieser Abende, an denen wir glücklich sind, unterwegs zu sein.
Am folgenden Morgen leidet das Wildnisfeeling gehörig: Dutzende von Toyota Landcruiser, vollgepackt mit Touristen, parken neben unserem Wohnmobil. Als wir schon ernsthaft überlegen wieder umzukehren, verschwindet der Spuk so schnell wie er gekommen ist. Auch während der folgenden Tage unserer Offroad-Tour, von der Laguna Verde zum Salar de Uyuni, begegnen uns diese Tourjeeps immer wieder. Meist aber haben wir die grandiose Hochlandschaft ganz für uns.

Zwiebelrostbraten auf über 4000m Höhe Flamingos an der Laguna Colorada

Der Zoll, den wir wegen unseres Fahrzeugs aufsuchen müssen, liegt achtzig Kilometer von der Grenze entfernt bei einer Fabrik. Hier stellen wir einen neuen Höhenrekord auf: 5047 m! Auf unsere Frage, wieso der Zoll ausgerechnet hier oben ist, gibt der freundliche Beamte eine plausible Erklärung: „Hier sind alle benötigten Einrichtungen: Geothermischer Strom und Warmwasser, Satellitenanbindung und die Versorgungslogistik der Fabrik. Anderswo müssten wir viel Geld investieren“. Die Formalitäten sind schnell erledigt und wir holpern weiter bis zur Laguna Colorada. Hier bleibt uns ein frostiger Morgenspaziergang mit Hunderten von roten Flamingos in unvergesslicher Erinnerung.

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Ein kleiner Wegweiser mit der Aufschrift "Arbol de Piedra" hat unsere Aufmerksamkeit erweckt. Unweit der breiten Sandpiste fahren wir auf eine Felsformation zu, die ich von irgendwo her zu kennen glaube. Jetzt erinnere ich mich: In meinem Büro in München hing ein Bild, auf dem ein BMW-Motorrad unter einem baumartigen Felsen stand. Es weckte die Lust aufs Reisen und ich fragte mich in welcher Wüste sich wohl dieser Felsen befindet. Jetzt weiß ich's:  Es ist der "Arbol de Piedra" in der Einsamkeit des bolivianischen Altiplanos. Wir parken Benito neben dem Felsen und ich mache ein Foto, das ich vielleicht eines Tages in mein Büro hängen werde?

Arbol de Piedra

Piste im Altiplano

Die Hochlandpiste zum Salar de Uyuni ist von unterschiedlicher Beschaffenheit. Mal führt sie über materialverschleißendes Wellblech, mal verbreitert sie sich auf viele Spuren oder es sind Weichsandfelder zu überwinden. Es werden Erinnerungen an eine längst vergangene Saharareise wach. Kurz hinter der Laguna Hedionda erwartet uns das anspruchsvollste Stück. An dieser Stelle lassen die Fahrer der Tourjeeps ihre Gäste zu einem Spaziergang aussteigen und bewältigen diese Etappe alleine. In der Untersetzung, mit weniger als Schrittgeschwindigkeit, schaukelt Benito über kopfgroße Felsen und bewältigt beachtliche Steigungen. Die Kabine verschränkt sich gegen das Führerhaus, doch er schafft auch diese Passage souverän. Wir sind stolz auf die Offroad-Eigenschaften unseres Mercedes! Nur ein Stein ist zwischen den Zwillingsreifen eingeklemmt und muss mit einer Eisenstange mühsam entfernt werden

Auf dem Salar de Chiguana kommen wir endlich flott voran. Tief eingegrabene Reifenspuren zeigen, dass dies bei Regen anders wäre. Kurz vor der Ortschaft San Juan sehen wir auf der weißen Salzfläche einen einsamen Radfahrer. Wir steuern auf ihn zu und freuen uns Stefan wiederzutreffen. Diesen Freiburger Radler, der einen siebenwöchigen Urlaub in den Anden verbringt, hatten wir schon mehrfach getroffen. Besonders bewundert haben wir, dass er den 4800m hohen Paso de Jama auch bei widrigen Umständen (Gegenwind) überquert hat. Wir schlagen ein gemeinsames Camp mit Stefan auf und Silvia beginnt zu kochen. Da wir schon öfter Radfahrer verköstigt haben und  wissen, dass diese immer hungrig sind, gibt es eine riesige Portion Risotto. Auch Stefan enttäuscht uns nicht und leert, während wir uns Reisegeschichten erzählen, Teller um Teller.

Camp mit Stefan, dem Radfahrer

Salar de Uyuni

Der Salar von Uyuni ist der größte Salzsee der Welt. Die weiße Fläche ist 160 km lang und 135 km breit. Um diese Jahreszeit ist die Oberfläche trocken und fast überall befahrbar. Es gibt jedoch ein paar Stellen, da kann man einbrechen oder fürchterlich stecken bleiben. Da diese Gefahrenstellen besonders am Ufer sind, wurden Auffahrtsrampen gebaut, dir eine sichere Auffahrt ermöglichen sollen. Über einen derartigen Damm aus Schotter begeben wir uns auf den See und stehen unsicher auf dem gleißenden Salz zwischen Pfützen und braunen Stellen. Sollen wir da wirklich fahren? Da keine Spuren zu sehen sind, haben wir Angst einzubrechen. Wir trinken erst mal Kaffee und sehen nach einer Weile einen Jeep, der die Auffahrtsrampe schon auf halber Höhe verlässt und dann mit hoher Geschwindigkeit im Weiß verschwindet.

Auffahrtsrampe zum Salar de Uyuni

Wir fahren ein Stück zurück und können nun auch Spuren entdecken. Hier riskieren wir es und schweben bald darauf dem Horizont entgegen. Das Gefühl der Sorge weicht und eine lockere Leichtigkeit stellt sich ein. Ich fahre freihändig und mit geschlossenen Augen über eine Fläche, die an einen zugefrorenen, schneebedeckten See erinnert.  Auf dem GPS haben wir die Koordinaten der Isla Pescada eingegeben, der wir uns so langsam nähren. Hier ist es mit der Einsamkeit vorbei, denn fast jedes Reisebüro bietet Touren zu dieser Insel an. Von den Eigentümern des Restaurants erfahren wir, dass die Insel eigentlich Incahuasi heißt. Der Name Pescada wurde von der Nachbarinsel übernommen, die früher das Ziel der Tourunternehmer war. Aus ökologischen Gründen (=. Verschmutzung) musste man auf eine neue Insel umziehen und hat der Einfachheit halber den alten Namen beibehalten. Merkt ja eh niemand!

Mitten auf dem Salar Isla Incahuasi Salzhotel

 

Im Ort Uyuni, wieder auf Festland, gönnen wir Benito eine Unterbodenwäsche. Die hat er bitter nötig, denn wegen der Durchquerung einiger Pfützen haben sich dicke Salzkrusten am Fahrgestell gebildet.

Nach dem unbeschwerten Gleiten auf dem Salar hat uns das übliche Gerüttel der Schotterpisten wieder. Auf dem Weg von Uyuni nach Potosi fahren wir immer wieder durch Dörfer, die aus einfachsten Lehmbauten bestehen. Lamas grasen auf den kärglichen Weiden der Hochebene. Hier leben die Leute in großer Armut, manche am Rande des Existenzminimums . Bei einer Pause bittet uns ein Junge um Brot und er strahlt über das ganze Gesicht, als wir ihm Semmeln und ein paar Kekse schenken.

Großstädte auf höchstem Niveau

Potosi liegt auf etwa 4100m und ist damit die höchstgelegene Großstadt der Welt. Sie wird überragt vom Cerro Rico, einem Berg in dem früher Silber in überreichen Mengen gefunden wurde. Noch heute finden Tausende "Mineros"  Arbeit beim Abbau von Zinnerz. Wegen der vielen guterhaltenen Gebäude aus der Blütezeit im 16. Jahrhundert wurde die Stadt zum Weltkulturerbe erklärt. Im Hof eines Hotels finden wir einen sicheren, zentrumsnahen Stellplatz, von dem aus wir den maroden Charme der Stadt erkunden.

Potosi mit dem Cerro Rico Im Minenschacht

Der Zufall will es, dass wir Doris und Harry ( http://www.sabbat-on-tour.de) treffen, die wir aus Deutschland kennen. Diese beiden Globetrotter haben, genau wie wir, ihre Amerikatour in Panama unterbrochen. Um wenigstens ein bisschen von Südamerika zu sehen, sind sie nun mit einer Reisegruppe unterwegs. Wir verbringen einen netten Abend und können am nächsten Morgen, zusammen mit ihrer Reisegruppe, eine Mine besichtigen. Alles läuft genau so ab, wie wir es in vielen Berichten gelesen haben: Nachdem die Gruppe mit Schutzkleidung, Helm und Lampe eingekleidet wurde, fahren wir zum Markt und kaufen Geschenke für die Minenarbeiter ein (Dynamit, Kokablätter, Alkohol, Zigaretten). Durch enge und steile Schächte werden wir zu den Arbeitern geführt, die unter extrem harten Bedingungen - ohne jede soziale Absicherung - die Bodenschätze fördern. Allerdings kann ich den Verdacht nicht loswerden, dass wir durch einen "Touristenschacht" geführt werden. Vieles wirkt inszeniert, einschließlich des entgleisten Wagons. Trotzdem helfen wir den beiden Mineros die tonnenschwere Karre wieder auf die Gleise zu wuchten.

So wird das Einkaufen zum Erlebnis: Da man in Städten wie Potosi einen Supermarkt vergeblich sucht, müssen alle Lebensmittel an Marktständen und in kleinen Geschäften eingekauft werden. Hier macht der Einkauf sogar mir Spaß, auch wenn sich die Suche nach Butter als etwas schwierig erweist. Erst durch mehrfaches Nachfragen finden wir den kleinen Laden, der ein Kühlregal haben soll. Tatsächlich greift die indianische Verkäuferin in ein Fach und zaubert  Butter hervor.

Die Strasse von Potosi nach La Paz ist durchgehend geteert. Bevor wir diese Strecke befahren, müssen wir die obligatorische Maut bezahlen. Am Schalter kontrolliert ein Polizist  unsere Papiere.

Einkauf auf dem Markt

Sein Kollege reicht uns einen weiteren Zettel und fordert:  "10 Bolivianos " (~ 1 EUR).
"Wofür?" fragen wir, da auf dem Zettel dieser Betrag nicht zu finden ist.
Der Mann merkt unsere Zweifel und wird unsicher: "Na gut, 5 Bolivianos".
Erst jetzt sehen wir dass auf dem Zettel drei Bolivianos steht und sind bereit diesen Betrag zu zahlen. Kleinlaut geworden stimmt der Beamte sofort zu und ist sichtlich froh, wenigstens diese Summe kassieren zu können.

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Neben der landschaftlichen Schönheit des Altiplano bekommen wir auf der Strecke nach La Paz leider auch viel Dreck zu sehen. Besonders die Außenbezirke der Stadt Oruro gleichen einer Müllhalde und schockieren uns. Sogar im Bachbett türmen sich hier Tüten und sonstiges stinkendes Zeug und das giftig aussehende Wasser schäumt gelblich.

Am immer dichter werdenden Verkehr erkennen wir, dass La Paz, die wichtigste Stadt Boliviens nicht mehr weit ist. An der Mautstelle blicken wir in einen Talkessel voller Gebäude hinunter, in dem wir kurze Zeit später im Stau feststecken. Eine Demonstration blockiert die Hauptstrasse und wir kommen, eingeklemmt zwischen stinkenden Minibussen, nur noch zentimeterweise voran. Silvia behält, dank GPS, den Überblick und so kommen wir nach einer Stunde sicher am außerhalb liegenden Hotel "Oberland" an. Bei diesem Schweizer Hotel können Globetrotter auf einem kleinen Parkplatz stehen. Hier ist einer der Stütz- und Treffpunkte europäischer Reisender auf ihrer Amerikaroute. Während der folgenden Tage treffen wir einige "alte Bekannte".

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Um vom Hotel Oberland ins Zentrum von La Paz zu gelangen muss man entweder ein Taxi nehmen oder mit einem der zahlreichen Minibusse fahren. Besonders die Fahrt im Minibus ist ein Erlebnis und ersetzt locker eine Stadtrundfahrt. Der Beifahrer kämpft um jeden Fahrgast und schreit laut das Fahrtziel hinaus. Außerdem ist er für das Öffnen der Schiebetüre und das Kassieren der Münzen verantwortlich.
Auf den Spaziergängen über die steilen Strassen (gut, dass wir an die Höhe angepasst sind) wird es nie langweilig. Moderne Geschäftsleute mit Handys mischen sich unter Indios, die ihr Gemüse zu einem Marktstand schleppen. Alles ist farbenfroh und voller Leben. Besonders beeindruckend sind die Märkte, für die ganze Straßenzüge gesperrt wurden. Hier gibt es wirklich alles zu kaufen, vorausgesetzt man weiß wo. Manchmal glauben wir uns in einem riesigen, ebenerdigen Kaufhaus zu befinden. Der wohl kurioseste Artikel sind Lamaembryonen, die als Glücksbringer nicht nur an den Touristenständen verkauft werden.

Copacabana

La Paz liegt unter uns, nun sind die schneebedeckten Berge am Horizont näher gerückt. Durch landwirtschaftlich genutztes Gebiet fahren wir auf einer Asphaltpiste nördlich. Es ist Erntezeit, überall sind Getreidegarben zum Trocknen aufgetürmt. Am Horizont erscheint der Titicacasee mit seinen tiefblauen Wassern. Lange Zeit fahren wir an seinem Ufer entlang, passieren kleine Fischerorte, dann endet auf einer Halbinsel die Strasse. Um ans gegenüberliegende Ufer zu kommen, müssen wir wohl auf eines der kleinen Holzboote. Unsere zweifelnden Blicke bemerkend, winkt einer der Bootsführer aufmunternd. Daraufhin fahren wir über ächzende Bretter an Bord. Der 40 PS Außenborder schafft es mit Mühe den Kahn mit seiner schweren Fracht in Bewegung zu setzen. Nach einer halben Stunde legen wir sicher in einem kleinen Hafen an.

Mit 40 PS über den Titicacasee

Von hier aus geht's nochmals auf über 4000m, bevor wir unter uns den kleinen Ort Copacabana am Ufer des Titicacasees auf 3800m liegen sehen. Diese bedeutende Wallfahrtsstätte war Namensgeber für den berühmten Strand in Rio. Neben den Pilgern ist der beschauliche Ort vor allem bei Rucksacktouristen aus aller Welt sehr beliebt.

Copacabana

Von Copacabana aus starten täglich Ausflugsboote zur "Isla del Sol", der Sonneninsel. Zusammen mit vielen Touristen besteigen auch wir ein Boot und zwängen uns auf einen der kleinen Stühle. Auf den Querbänken vor uns dürfen die Einheimischen sitzen. Ein Junge von etwa fünf Jahren bekommt von einem Amerikaner Wachsmalstifte geschenkt. Als er nach einiger Zeit begreift, wofür diese gut sind, nimmt er ungelenk einen Stift  in die Faust und kritzelt planlos auf einem Blatt Papier. Ob er wohl jemals in die Schule gehen wird?
Wir durchwandern die Isla del Sol von Nord nach Süd und und stoßen dabei auf Ruinen der Inkas. Immer wieder führt der Weg durch kleine Dörfer oder vorbei an Bauernhöfen. Da die Leute einigermaßen an Touristen gewöhnt sind, können wir auch mal einen längern Blick auf ein angebundenes Schwein oder eine kunstvoll aufgebundene Getreidegarbe werfen, ohne gleich selbst misstrauisch beäugt zu werden. Leider schieben sich immer mehr Wolken vor die Sonne und das unglaubliche Blau des Sees weicht einem bleiernen Grau. Wind kommt auf und wir frieren, als wir auf die Abfahrt des Bootes warten.

Wanderung durch die Isla del Sol

Eigentlich sollte der Titicacasee der nördlichste Punkt unserer Südamerikareise sein. Doch es gibt Probleme mit unserer Rückverschiffung von Argentinien aus. Vielleicht sind wir deshalb gezwungen nördlich bis nach Kolumbien zu reisen? Um diese Option offen zu halten, reisen wir unweit von Copacabana nach Peru ein.